Charlotte Klobassa: von Formen und Gesten

Künstlerin Charlotte Klobassa spielt in ihrer Arbeit mit „Scribbles“, die sie z.B. im Papierfachgeschäft findet. Sie kombiniert sie mit Motiven, die einen an große Geste, Abstraktion und Expressivität denken lassen. Ein näheres Hinsehen zeigt aber, dass Formen und Farbe sehr kontrolliert aufgetragen wurden und gegenständlichen Ursprungs sind. Von wegen große Geste – hier geht es um das Detail und feine, penible Ausführung.

Fotocredit: Zeller van Almsick, Charlotte Klobassa / Plus C

Was bedeutet das nun genau? Das, was wirkt als gäbe es einen breiten Farbauftrag, ist in Wirklichkeit mit kleinen Pinseln minutiös – in Öl – nachgeahmt. Stofflichkeit und Dreidimensionalität enstehen durch gezielt gesetzte Kontraste und nicht durch Schatten. Am besten nimmt man sich ausreichend Zeit zum Betrachten. Denn plötzlich ergeben sich neue Erkenntnisse. Ein Effekt, der gerade eben noch nicht da war, eine Schichtung, die auffällt, ein Element das plötzlich in den Vordergrund drängt und einen fasziniert.

„Meistens habe ich zu Beginn eine ziemlich genaue Vorstellung davon wie ein Bild aussehen könnte, am Ende wird’s dann aber doch ganz anders.“

Beeindruckend war für mich auch die Einsicht, dass Korrekturen am Bild fast unmöglich sind, da a) die Komposition sehr klar ist und b) der Farbauftrag so dünn, dass man ein Ausbessern einfach sofort sehen würde.

Charlotte Klobassa findet Formen („Scribbles“)

Und so sieht die Formenrecherche von Charlotte Klobassa aus: In Papierfachgeschäften macht sie sich auf die Suche nach den Zettelchen, die man beim Ausprobieren eines neuen Stiftes, einer Füllfeder oder Kugelschreibers verwendet. Hier entstehen die unbewusst gescribbelten Formen, von denen sich die Künstlerin inspirieren lässt. Sie selbst erklärt diesen Prozess so: „Ich habe Spaß daran Formen zu finden, von denen ich glaube, sie könnten von vielen Menschen ähnlich verstanden werden.

Formenfindung. Scribbles courtesy of the artist, Fotocredit: Fridays at the museum

Ein bestimmter Schwung kann als eher sympathisch oder unsympathisch, als lustig oder traurig, oder als zögerlich bzw. aggressiv wahrgenommen werden. Dadurch, dass die Urheber mit ihren Scribbles keinen bestimmten Zweck im Sinn hatten, sind sie sehr ehrlich.“ Das Ego spielt keine Rolle, es gibt kein Urteil darüber – Klobassa entwickelt Empathie mit ihnen und eignet sie sich als Projektionsfläche für ihre Sehnsüchte an.

Das Spannendste am Malprozess sind für mich Unvorhersehbarkeiten, die auf der Leinwand anders funktionieren als zuvor in meinem Kopf, auf die ich reagieren muss. Das sind die Momente, die mich auf neue Ideen bringen und zu Ergebnissen führen, die sich nur durch den Schaffensprozess ergeben, die ich mir im Vorhinein so nicht hätte ausdenken können.

Natürlich stehe ich auch gerne einfach nur vor einem Kunstwerk und betrachte und genieße es. Wenn ich aber zusätzliche Einblicke in die Gedankenwelt der Künstlerin bekomme, dann freue ich mich SEHR. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht immer angenehm ist, den Wissensdurstigen die (eigene) Welt zu erklären, daher bin ich um so dankbarer, dass Charlotte mir einiges über ihre Arbeitsweise, Ansprüche und Inspiration erzählt hat.

 

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GOOD TO KNOW

💡Werke der Künstlerin sind bis 1. Juni bei Zeller van Almsick zu sehen.
💡Zugänglichkeit ist ein wichtiges Thema in ihrer Kunst.
💡Mehr über Charlottes Kunst gibt es auf ihrer Website und auf Instagram.

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