Mumok: Naturgeschichten

Ausnahmsweise hatte ich diese Woche nicht nur freitags Zeit für’s Museum, sondern auch Mittwoch und Donnerstag. Den Mittwoch hab ich für einen kurzen Abstecher ins mumok genutzt, um in die Ausstellung „Naturgeschichten – Spuren des Politischen“ zu gehen. Alle Ausstellungsstücke zu erfassen ist – wie meistens – ein Ding der Unmöglichkeit und da ich nur eine Stunde Zeit hatte, bin ich gemütlich durchgeschlendert und habe mich nur auf ein paar der Objekte näher eingelassen, die ich im folgenden kurz beschreibe. Ergänzend zu meinen Eindrücken finden sich in meinen Erklärungen auch Auszüge aus den Texten des Kurators der Ausstellung.

Im 2. Stock trifft man gleich zu Beginn auf Marcel Broodthaers „Un jardin du d’hiver II“, den ich aus meiner Propädeutikum-Vorlesung im 1. Kunstgeschichte-Semester kannte (und JA, ich war ein bisschen stolz darauf, dass ich gleich erkannt habe, in welcher Umgebung ich gelandet bin 😉 und im nächsten Raum kann man sich von Mark Dions Vorstellung vom „Ethnographer at home“ faszinieren lassen.  

Marcel Broodthaers „Un jardin du d’hiver II“, 1974

Für Mark Dion ist „Natur“ oft etwas Geplantes fast Künstliches, das von – überwiegend männlichen – Forschern, Jägern, Entdeckern etc. seziert beziehungsweise kunstvoll arrangiert und nicht zuletzt politisch instrumentalisiert wird. Mark Dion dreht in seinem Werk den Spieß um und inszeniert nun die private Situation des Ethnographen. Bombay Sapphire Gin inklusive .

Mark Dion, The Ethnographer at Home, 2012

26 Farbfotografien, die im 2. Stock der Naturgeschichten zu sehen sind, stammen von Jonathas de Andrade. Er inszeniert darin ein Initialenalphabet. Also die sehr schön ausgeführten Anfangsbuchstaben von Texten. Nur dass es in diesem Fall nicht von einem Kalligraphen, sondern von brasilianischen Plantagenarbeitern ausgeführt wird, unter denen es zumeist einen niedrigen Alphabetisierungsgrad gibt.

Das Igloo di Giáp ist ein skulpturaler Iglobau von Mario Merz. Um die Halbkugel herum kann man in italienischen Worten „Wenn der Freind seine Kräfte konzentriert, verliert er an Boden; wenn er sich zerstreut, verliert er an Kraft.“ lesen. Dabei handelt es sich um eine militärstrategische Formel des vietnamesischen General Giáp. In den Säckchen befindet sich übrigens Tonerde.

Igloo di Giap, Mario Merz 1968

Das letzte Werk, das ich mir genauer angesehen habe, stammt von Alfredo Jaar (Ohne Titel bzw. „Wasser“) und befasst sich mit vietnamesischen „boatpeople“, also Flüchtenden. Auf 3 Bildschirmen erkennt man das Meer. Wirft man einen Blick hinter die Wellen der Monitore, kann man die Gesichter der boatpeople erkennen. Sehr nahegehend die Installation – außerdem auch brandaktuell. Die Installation selbst stammt aus dem Jahr 1990!

 

Die Ausstellung Naturgeschichten ist sehr umfangreich angelegt und deckt eine wirklich große Spannbreite an Themen, Künstlern und Zugangspunkten ab. Für einen Besuch sind die 3 Stockwerke definitiv zu umfangreich – außer man hat die Zeit und Aufmerksamkeit sich wirklich ein paar Stunden mit den einzelnen Werken zu befassen. Wer mich kennt, weiß, dass Aufmerksamkeit ein rares Gut ist ;-). Eine geführte Entdeckung der Werke ist sicherlich ratsam um einen guten Einstieg in das Thema zu finden – ich hab mich (total unauffällig) einer geführten Gruppe angeschlossen und habe zumindest das Intro gehört.

Die Ausstellung Naturgeschichten. Spuren des Politischen wurde von Rainer Fuchs kuratiert und befasst sich mit Darstellungen von Natur, die auf gesellschaftliche Prozesse und zeitgeschichtliche Ereignisse Bezug nehmen. In unterschiedlichen Themenfeldern verdeutlicht sie den Wechselbezug von Natur und Geschichte. Die Präsentation spannt einen Bogen von den 1960er-Jahren bis in die Gegenwart. Mehr Informationen gibt es auf der Mumok-Website.

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