Mark Rothko: wie man sich seinem Werk nähert

Mark Rothko (1903-1970), Untitled (Red, Orange), 1968 © 1998 Kate Rothko Prizel & Christopher Rothko/Bildrecht, Wien, 2019, © Foto: Fondation Beyeler, Riehen/Basel, Sammlung Beyeler/Robert Bayer

Nachdem wir in den vergangenen drei Beiträgen sehr aktuelle Kunst genossen haben, blicken wir heute ein Stück weit zurück. Aber nicht zu weit: nur bis zu einem der Gründer des abstrakten Expressionismus, Mark Rothko. Konkret nehme ich seine „late classics“, die erstmals & zahlreich im Kunsthistorischen Museum Wien zu sehen sind, unter die Lupe und finde heraus, wie man sich ihnen nähert! 🕵️‍♀️

Mark Rothko (1903-1970), Untitled (Red, Orange), 1968 © 1998 Kate Rothko Prizel & Christopher Rothko/Bildrecht, Wien, 2019, © Foto: Fondation Beyeler, Riehen/Basel, Sammlung Beyeler/Robert Bayer

Mark Rothko (1903-1970), Untitled (Red, Orange), 1968
© 1998 Kate Rothko Prizel & Christopher Rothko/Bildrecht, Wien, 2019,
© Foto: Fondation Beyeler, Riehen/Basel, Sammlung Beyeler/Robert Bayer

Wie stellt man sich vor so ein starkes Bild? Wie vermeidet man, dass man vorbeihastet und sich dem Werk nicht stellt, z.B. aus Angst davor, es nicht zu verstehen? Dieses Zitat, das ich auf der Website des KHM gefunden habe, ist ein guter Start für schüchterne oder eingeschüchterte Kunstinteressierte. Es bietet Einblicke in die Absicht des Künstlers Mark Rothko und lädt uns zur Interaktion ein:

„Ich bin nur daran interessiert, grundlegende menschliche Gefühle auszudrücken – Tragödien, Ekstase, Untergang usw. – und die Tatsache, dass viele Menschen zusammenbrechen und weinen, wenn sie meinen Bildern gegenüberstehen, zeigt, dass ich diese grundlegenden menschlichen Gefühle kommunizieren konnte … Vor meinen Bildern machen sie die gleiche religiöse Erfahrung, die ich machte, als ich sie malte. Und wenn Sie, wie Sie sagen, nur durch ihre Farbverhältnisse bewegt werden, dann haben Sie das Wesentliche nicht gesehen!“ (aus einem Gespräch mit Dichter & Kritiker Selden Rodman, Quelle: KHM

Also: kein #overthinking, kein kritisches Hinterfragen, was denn die Farbe im Verhältnis zur Form bedeutet. Spüren ist angesagt!

Mark Rothko vor dem Werk „No. 7“,1960 Foto: Regina Bogat zugeschrieben © 2005 Kate Rothko Prizel & Christopher Rothko/Bildrecht Wien, 2019

Mark Rothko vor dem Werk „No. 7“,1960 Foto: Regina Bogat zugeschrieben © 2005 Kate Rothko Prizel & Christopher Rothko/Bildrecht Wien, 2019

Die Frage, die sich zuerst vor einem Rothko-Bild stellt, ist gar nicht so sehr, was man sieht, sondern welche Elemente abwesend sind: es gibt keine Objekte, an denen wir uns festhalten können, keine Hinweise, keine Handlung oder Geschichte, keine Außenwelt. Eine Art Leere und dann doch wieder nicht, denn da sind die auffälligen, leuchtenden Farben, die scheinbar bis über das rahmenlose Bild hinaus wollen. Schichten, über die der Künstler lange nachgedacht hat, bis er sie gemalt hat. In seiner Lecture (2019, KHM) erklärt der Sohn des Künstlers, dass sein Vater das Wort Drama als Beschreibung seiner Bilder verwendete. „Es geht nicht um Form, Farbe oder abstrakte Ideen. Nein, es geht um das Drama, das im Gegensatz zur Erzählung auch die Interaktion miteinschließt.“ Und da sind wir wieder bei oben angeführten Zitat, das uns anleitet, sich offenen Herzens vor ein Rothko-Bild zu stellen, inne zu halten und damit zu interagieren. Gemalte Emotionen, die eigene Emotionen spiegeln, sichtbar machen, hervorkehren. Der Besuch im Museum wird zum spirituellen Erlebnis. Bestenfalls.

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GOOD TO KNOW

💡 Christopher Rothko hat einen ganz wunderbaren Vortrag im KHM gehalten
💡 Die Ausstellung läuft noch bis 30. Juni – am besten einen ruhigen Vormittag auswählen.
💡 Kennen Sie die Mark Rothko Chapel, die posthum realisiert wurde?

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