Peter Paul Rubens – die Kraft der Verwandlung

Rubens-Mania in Wien. Anders kann man es fast nicht bezeichnen. Zahlreiche Vorlesungen und Fallstudien am Kunstgeschichte-Institut, die sich dem flämischen Maler befassen und – ganz zentral – die Ausstellung im Kunsthistorischen Museum, die in Kooperation mit dem Staedel-Museum in Frankfurt umgesetzt wird.

Vor diesem Rubens-lastigen Semester kannte ich freilich nur den Namen, seine bekannten „wohlgeformten“ Frauenfiguren und Putti plus ein paar Werke. Und wie bei fast allen Dingen, mit denen man sich intensiv beschäftigt, tun sich spannende Welten auf. Nämlich z.B., dass er kein typischer Maler gewesen ist, der inspiriert, aber arm war. Im Gegenteil: er war so etwas wie ein Superstar und verstand es wie kein Zweiter, seine Kunst auch zu Geld zu machen, ein florierendes Kunstgeschäft mithilfe seiner Werkstatt und Mitarbeitern aufzubauen und sich sozusagen nebenbei ein europaweites Netzwerk einzurichten, das sowohl höfische als auch intellektuelle Kontakte umfasste.

Seine Bezugnahme auf Werke von Künstlern unterschiedlicher Epochen ist häufig erst auf den zweiten Blick erkennbar – in der Ausstellung kann der Besucher die zuweilen überraschenden Korrelationen durch den direkten Vergleich nun im Detail nachvollziehen.Kunsthistorisches Museum

Beim Bloggermeeting mit der Kuratorin Gerlinde Gruber war für mich der spannende Teil, wie sie die Ausstellung geclustered hat. Und wir haben gelernt: ein genauer Blick auf die umliegenden Werke zahlt sich immer aus. So vorhanden wurde dem Hauptwerk nämlich z.B. ein Original oder eine Zeichnung beigestellt, von dem man ableiten kann, auf welchem Motiv sein Werk beruht bzw. welche Einflüsse ihn dabei geleitet haben. Neben Rubens „Pelzchen“ findet man zB. das „Mädchen im Pelz“ von Tizian. Neben „Ecce Homo“ eine Zeichnung des Kentauren mit Cupido, von dem der Körper Christi abgeleitet ist und so setzt sich dieses Prinzip durch die ganze Ausstellung fort.

Gerlinde Gruber, Kuratorin der Ausstellung "Rubens - Kraft der Verwandlung" erklärt uns wichtige Zusammenhänge

Gerlinde Gruber, Kuratorin der Ausstellung „Rubens – Kraft der Verwandlung“ erklärt uns wichtige Zusammenhänge

Hier einige wichtige Fakten zu Peter Paul Rubens

1. Flämischer Maler (1577 bis 1640), einer der wichtigsten Vertreter des Barock. Reisen nach Italien, Frankreich und Spanien prägen sein Werk.

2. Megaerfolgreich als Künstler, Diplomat und Familienoberhaupt. Werke: z.B. Kreuzaufrichtung, der Bethlehemitische Kindermord, das Urteil des Paris, Reiterporträt des Herzogs von Lerma, Die Folgen des Krieges…

3. Besitzer des größten Bildarchivs, das eigene, aber auch gekaufte Skizzen, Zeichnungen und Gemälde enthielt.

Das Bildarchiv

Rubens „Bildarchiv“ (seine gesammelten Zeichnungen, Skizzen, selbst gemalte oder gekaufte Bilder etc.) ist das größte seiner Art und man muss wissen, dass es zu dieser Zeit für Künstler erstrebenswert war, Kopien anzufertigen. 1. Nach der Antike, um zu zeigen, dass man die wahrhaft großen Künstler verstanden hat und imstande ist, deren Kunst zu reproduzieren und 2. auch von damaligen „Gegenwartskünstlern“, um auch von ihnen zu lernen bzw. auf sie zu referenzieren. Die „Transfiguration“ wäre so ein Beispiel, das ganz klar auf Raffael hinweist – hier wird auch nichts versteckt oder subtil hingewiesen; für Künstler war der Bezug auf erfolgreiche Maler oder eben die Antike ein wichtiges Kriterium.

Auch bei „Ecce Homo“ sieht man – wie oben schon angesprochen, sehr schön, dass der Kentaure (am unteren Foto) hier als Vorlage gedient hat. Körperbau- und Haltung bzw. Perspektive kann man im äußerst athletisch gebauten Christus leicht wiedererkennen.

Peter Paul Rubens, Ecce Homo, Leihgabe vom The State Hermitage Museum, St. Petersburg

Peter Paul Rubens, Kentaure von Cupido gezähmt, Zeichnung einer Marmorstatue

Einer meiner persönlichen Lieblinge in der Ausstellung sind die „Venus frigida“ und die daneben stehende Kopie der „Kauernden Venus“ (siehe Instagram Video):

This week I’ve been invited to do a tour of the Rubens exhibition with other bloggers from Vienna. The curator of the exhibition, Gerlinde Gruber, also joined us and did a really great job to explain the thoughts behind the placement of the artworks within the exhibition halls and also why different works from other artists that are exhibited were important for Rubens. . Like this Crouching Venus, who is probably taking a bath. Rubens used this copy to work on his „Venus frigida“ which I showed earlier in my Instagram feed. The sculpture is a roman copy (1st century AD) from the greek original and is a loan from Museo Archeologico Nazionale di Napoli. . More on yesterdays learnings soon on the blog. ////////// #rubens2017 #peterpaulrubens #kunsthistorischesmuseum #venus #venusfrigida #kauerndevenus #crouchingvenus

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Rubens vs. Tizian

Und besonders schön auch der Vergleich zwischen dem Ganzkörperportrait seiner Frau und dem Mädchen im Pelz von Tizian. Rubens kopiert – wie man sieht – nicht einfach nur bzw. ist auch der Begriff „Kopie“ nicht mit unserer heutigen Verwendung gleichzusetzen. Rubens verwendet das, was er auf Reisen oder über Zeichnungen von anderen gesehen hat, für sein eigenes Werk: besondere Betonungen, ganze Körperteile, Figuren und ähnliches. In diesen beiden Gemälden geht es um den Gegensatz zwischen der hellen Haut und dem dunklen Pelz. Seine Frau Helena Fourment stellt er im  Typus der antiken „Venus pudica“ (schamhaft) dar, die ihre Blöße mit beiden Armen bedeckt.

Links: Peter Paul Rubens, Helena Fourment (aka „Das Pelzchen“), Rechts: Tizian, Das Mädchen im Pelz Copyright beide Bilder: KHM-Museumsverband

Übrigens: das Bild seiner Frau war selbstverständlich nur für den privaten Bereich gedacht und der Maler hat sie besonders liebevoll dargestellt.

Wer die Werke des Barock-Popstars ebenfalls bewundern will, kann das noch bis 21.1.2018 tun.

Dieser Artikel wird im Laufe der nächsten Wochen noch weiter upgedated, da noch einige spannende Events rund um die Rubens-Ausstellung anstehen.

Die Ausstellung „Kraft der Verwandlung“ sollte man auf keinen Fall versäumen. Eine Führung ist immer eine gute Idee, aber mit ein bisschen Zeit und Motivation erschließen sich die Zusammenhänge zwischen den zusammengehörigen Werken auch mithilfe der Erklärungen neben den Bildern. Als weiterführende Lektüre empfehle ich eines der Bücher von Nils Büttner. Mehr Informationen gibt es auf der netten Microsite zur Ausstellung.  

Danke für die Einladung Kunst für uns & Vienna Inside (Video Rundgang inklusive)! Auch bei Mitten in Wien kann man Infos zum Bloggermeeting nachlesen!

Wer sich übrigens für die Werke im KHM interessiert, empfehle ich – wenn zeitlich möglich – die Spezialführungen. die jeden Freitag um 10.15 Uhr stattfinden, zu besuchen.

Kommentare (4)

  1. Pinkback: Rubens im Kunsthistorischen Museum - Rundgang #Blogger Meet - ViennaInside.at

  2. Pinkback: Pop-Up World im Weltmuseum Wien – Fridays at the museum

  3. Pinkback: Wes Anderson und Juman Malouf im Kunsthistorischen Museum Wien – Fridays at the museum

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